Zeitreise(n) durch Bad Iburg

Bauerschaft Mäscher

Vorbemerkung

In alten Amtsregistern gehörten die Ländereien nordwestlich des Fleckens Iburg zur Bauerschaft Ostenfelde; kirchenpolitisch gehörten seit 1221 alle außerhalb des Fleckens Iburg gelegenen Häuser zum Kirchspiel Glane.

Ab 1772 wurde die Bauerschaft zusammen mit dem Hagenberg sowie der Siedlung "Kleiner Masch" als "Brinklieger vor und um Iburg" bezeichnet - als Brinklieger (auch Brinkligger und Brinksitzer genannt) bezeichnete man am Dorfrand wohnende Kleinbauern.

In einem Amtsregister von 1772 wurde das Gebiet als "Aufn Masche" bezeichnet - daraus entwickelte sich 1821 die Bezeichnung "Masch".1

1830 wurden die Siedlungsgebiete "Kleiner Masch" und Hagenberg zum Flecken Iburg eingemeindet - die Bezeichnung "Masch" für das nordwestliche Gebiet blieb bestehen. Daraus entwickelte sich 1859 der Gemeindename "Mäscher".

Die Bauerschaft "Mäscher" wurde folgendermaßen begrenzt:
- im Norden vom Sunderbach (einem Zufluss des Glaner Baches),
- im Osten von dem südwärts verlaufenden Kolbach (welcher vom Sunderbach gespeist wird),
- im Süden von der ehemaligen Klostergrenze "Auf dem Rott" und
- im Westen von der ehemaligen Landesgrenze zwischen Preußen und Hannover (heute: Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen).

Dienstbrief vom 11. September 1903
Dienstbrief vom 11. September 1903 des Königlichen Preußischen Landrathes aus Iburg
an den Gemeindevorstand in Mäscher - Iburger Landrat war zu dieser Zeit Friedrich Tilemann,
Gemeindevorsteher in Mäscher war der Hofbesitzer Franz-Heinrich Röckener

Im Jahre 1905 war Mäscher 210,5 ha groß. Dort gab es 41 Wohngebäude mit 45 Haushalten und insgesamt 260 Einwohnern - davon waren 200 katholischen Glaubens und 60 evangelisch.
Die Schloßbewohner gehörten zur Bauerschaft Mäscher - die Anschrift des Schlosses lautete "Mäscher 12".

Vereinigung des Fleckens Iburg mit der Bauerschaft Mäscher

Am 21. September 1929 vereinigten sich in einem Festakt im Rittersaal des Schlosses Iburg der Flecken Iburg mit der Bauerschaft Mäscher.

Übersichtskarte zum Zusammenschluss von Iburg (gelb) und Mäscher
Übersichtskarte zum Zusammenschluss von Iburg (gelb) und Mäscher mit den Mäscher-Exklaven
"Bäumker", "Ernst" und "Eichholz" (hellgrün)

Bereits zuvor arbeiteten Flecken Iburg und Bauerschaft Mäscher zusammen: beide Gemeinden bildeten einen Gesamtschulverband, für beide Konfessionen existierte jeweils eine Kirchengemeinde, ein gemeinsamer Friedhof, ein Standesamtsbezirk, ein Feuerlöschbezirk und ein Gesamtarmenverband. Zudem wurde Mäscher von Iburg aus mit Elektrizität und mit Wasser versorgt.

Am 27.12.1927 wurde in Preußen das "Gesetz über die Regelung verschiedener Punkte des Gemeindeverfassungsrechts" verabschiedet (Preußische Gesetzsammlung, Nr. 43, ausgegeben am 29. Dezember 1927); dieses Gesetz bildete die Grundlage des Eingemeindungsrechts. Gem. § 1 des vorgenannten Gesetzes verlangte der Gesetzgeber einen Beschluss des Staatsministeriums, wenn eine Gemeinde ganz aufgelöst oder eine neue Gemeinde geschaffen wird. Alleinige materielle Voraussetzung der Eingemeindung war das "öffentliche Wohl". Der Landkreis war von vornherein zu beteiligen.

Das "Iburger Kreisblatt" vom 24. September 1929 schrieb diesbezüglich:
"Diese Verhältnisse haben den Gedanken einer Verschmelzung der beiden Gemeinden in den letzten Jahrzehnten nie zur Ruhe kommen lassen."

Im Jahr 1929 - vor der Eingemeindung - waren folgende Personen Mitglieder des Gemeindeausschusses von Mäscher:
Josef Nülle (Gemeindevorsteher), Kreisoberinspektor Heinz Popken, Revierförster Dauer, Gastwirt Heinrich Eichholz, Hofbesitzer Hermann Pohlmann, Postoberschaffner Bernhard Karrenbrock, Hofbesitzer Franz-Heinrich Röckener und Hofbesitzer Heinrich Ernst.
Kreisoberinspektor Heinz Popken war Kreisbürodirektor des Landratsamtes Iburg.

Nachfolgend die Chronologie der Ereignisse bezüglich des Zusammenschlusses im Jahre 1929: 2

Mittwoch, 19. Juni 1929, Waldwirtschaft "Freudenthal":
Der Gemeindeausschuss von Mäscher tagte über den Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 1929.
Zu dieser Sitzung fand sich auch der Iburger Landrat Ludwig Herold ein, um eine unverbindliche Aussprache über die Eingliederungsfrage herbeizuführen. Die Ratsmitglieder nahmen diesbezüglich "eine freundliche Haltung ein".

Freitag, 28. Juni 1929, Hotel "Gersemann":
An diesem Tag fand eine gemeinsame Tagung des Fleckenskollegiums von Iburg und des Gemeindeausschusses von Mäscher unter Vorsitz von Landrat Herold statt. Abschließend gaben Bürgermeister Hermann Rinklake vom Flecken Iburg und Kreisoberinspektor Heinz Popken für die Bauerschaft Mäscher bekannt, dass sie bereit seien die Eingemeindungsfrage zu verhandeln. Man beschloss eine Kommission zusammenzustellen, die in gemeinsamen Sitzungen die Verhandlungen über die Eingemeindungsfrage führen und eventuell einen Vertragsentwurf aufstellen sollten.

In die Kommission wurden folgende Gremienmitglieder gewählt:
a) Flecken Iburg: Bürgermeister Hermann Rinklake, Fabrikant Heinrich Tepe, Seilermeister August Körner und Stukkateurmeister Christian Reifert.
b) Bauerschaft Mäscher: Gemeindevorsteher Josef Nülle, Hofbesitzer Franz Röckener, Kreisoberinspektor Heinz Popken und Revierförster i.R. Dauer.

Mittwoch, 10. Juli 1929, Waldwirtschaft "Freudenthal":
Diese 1. Kommissionssitzung hatte informativen Charakter, es wurden aber auch bereits die finanziellen Verhältnisse beider Gemeinden eingehend besprochen. Es wurde der Beschluss gefasst, die finanzielle Belastung für beide Gemeinden für eine Reihe zurückliegender Jahre durch das Iburger Landratsamt klären zu lassen.

Samstag, 14. September 1929, Waldwirtschaft "Freudenthal":
An dieser 2. Kommissionssitzung nahm ebenfalls der Landrat Herold teil.
Das Iburger Kreisblatt vom 24. September 1929 schrieb dazu: "Nach eingehender Durchsprache der ganzen Verhältnisse, bei der auf beiden Seiten der Wille zum gegenseitigen Entgegenkommen und gerechter Erledigung deutlich erkennbar war, gelangte man erfreulicherweise zu dem Ergebnis, dem sämtliche Kommissionsmitglieder beider Gemeinden zustimmten. Auf Grund der Abwägung der gegenseitigen Finanzverhältnisse der Vergangenheit und der jetzigen Zeit, ferner auf Grund einer Betrachtung der kommunalpolitischen Entwicklungsmöglichkeiten kam man zu dem Beschluß, den beiderseitigen Gemeindevertretungen die Verschmelzung beider Gemeinden vorzuschlagen, daß der Flecken Iburg für einen Zeitraum von 15 Jahren an den an die Stelle der Gemeinde Mäscher tretenden Treuhänder für diese eine jährliche Rente zu zahlen habe. Bei dieser Regelung sind sowohl die Iburger Wasserleitung als auch die in Iburg projektierte Kanalisation bereits berücksichtigt. Der Zeitraum von 15 Jahren soll am 1. April 1930 beginnen."
Nähere Einzelheiten sollten in einem Vertrag festgehalten werden.

Dienstag, 17. September 1929, Schloss Iburg:
An diesem Tag fand die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung des Kreisausschusses statt - dieser stimmte, sofern auch die beiden Gemeinden einen entsprechenden Beschluss fassen würden, der Vereinigung der beiden Gemeinden zu.

Donnerstag, 19. September 1929, Waldwirtschaft "Freudenthal":
Auch an dieser 3. Kommissionssitzung nahm Landrat Herold teil. Der ausgearbeitete Vertragsentwurf wurde vorgelegt und besprochen - nach eingehender Beratung wurde einstimmig beschlossen den Abschluss des Vertrages zu empfehlen.

Samstag, 21. September 1929, Schloss Iburg:
Um 18:00 Uhr fand sich die Eingemeindungskommission zu einer kurzen Beratung im Landratsamt zusammen.
An diese Sitzung schloss sich eine Sitzung des Gemeindeausschusses von Mäscher und an diese eine Sitzung der Fleckenskollegien Iburg an.
Bei diesen getrennten Sitzungen wurde der Vertrag von beiden Gremien angenommen.

Um 20:00 Uhr fand eine gemeinsame Sitzung des Gemeindeaussschusses und des Fleckenskollegiums im Rittersaal des Iburger Schlosses statt. Dort wurde der Vertrag unterschrieben, die Siegel der beiden Gemeinden wurden den Unterschriften beigefügt.

Nach der Unterzeichnung des Vertrages hielt der Landrat Herold eine Ansprache, in der er darauf hinwies, dass zu der Eingemeindung noch die Genehmigung des Staatsministeriums erforderlich sei, doch diese zweifellos erteilt würde. Er führte weiter aus:
"Heimatsinn und Heimatliebe würden besonders auf dem Lande gepflegt. Aber der Heimatsinn dürfe nicht soweit gehen, daß er dem Fortschritt abhold sei. Den Entwicklungsmöglichkeiten müsse stets Rechnung getragen werden. Durch die Vereinigung beider Gemeinden sei eine günstige Entwicklung für beide gewährleistet."
Landrat Herold gab dann einen kurzen Rückblick auf die Verhandlungen und betonte, daß von Anfang bis zu Ende die Verhandlungen in besonders freundlichem Geiste sich abgewickelt hätten, sowohl in den Gemeindeausschüssen als auch in der Eingemeindungskommission; er hob die schwierigen und eingehenden Verhandlungen der Eingemeindungskommission hervor und sprach sämtlichen Mitgliedern seinen Dank für die geleistete Arbeit aus.
Seine Ausführungen endeten in einem Hoch auf die jetzt vereinigten beiden Gemeinden.

Im Namen der Gemeinde Mäscher hob Kreisoberinspektor Popken hervor, dass es den Gemeindeausschussmitgliedern nicht leicht gefallen sei, ihre Zustimmung zur Verschmelzung zu geben:
"Die Mäscheraner hätten ihre kleine Gemeinde, die jetzt aufgehört habe zu existieren, sehr lieb gehabt. Er sprach die Bitte an die Iburger aus, den kleinen Bruder, der jetzt zu ihnen gekommen sei, freundlich zu empfangen und auch in Zukunft gut zu behandeln. Aber mit Gefühlen sei keine Politik, auch keine Kommunalpolitik zu machen. Der Gemeindeausschuß von Mäscher habe die Entwicklungsmöglichkeiten von Iburg erkannt und zu einem Teil an der Entwicklung mithelfen sollen. Er hoffe, daß schon eine nahe Zukunft es bestätigen würde, daß der heutige Schritt richtig getan sei. Er schloß mit dem Wunsche für eine gedeihliche, kulturelle und wirtschaftliche Zukunft Groß-Iburgs."

Für den Flecken Iburg sprach Bürgermeister Rinklake: er führte aus, dass der Flecken Iburg die Gemeinde Mäscher mit freundlichen Gefühlen aufnehme und entbot dem neuen Gemeindeteil ein herzliches Willkommen.

Am 10. Oktober 1929, nach Zustimmung des Staatsministeriums, wurde die Landgemeinde Mäscher Teil des Fleckens Iburg.

Damit kamen nicht nur die ehemalige Gemeinde Mäscher zu Iburg, sondern auch das ehemalige Schloss und Kloster Iburg sowie die einstigen Exklaven Bäumker (heute: Gasthaus "Zum Dörenberg"), Ernst (landwirtschaftlicher Hof nordöstlich der Oberen Tegelheide) und Eichholz (heute: Landidyll Gasthof zum Freden).

Quellen:
1 Wrede, Günther (1977): Geschichtliches Ortsverzeichnis des ehemaligen Fürstbistums Osnabrück, L-Z, August Lax Verlagsbuchhandlung, Hildesheim, S. 32.
2 Iburger Kreisblatt (1929): Ausgabe vom 24.09.1929, Buch- und Kunstdruckerei H. Beuke & Söhne, Dissen.

 

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