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Osnabrücker Land

Erdbeben im Teutoburger Wald

Als die Afrikanische Platte und die Eurasische Platte während der Oberkreide-Zeit kollidierten, entstanden in Mitteleuropa entlang von Störungen einzelne Großschollen.

Gewaltige Kräfte führten u.a. zu einem Bruch zwischen den Schollen des Niedersächsischen Beckens und der Rheinischen Masse, wobei im weiteren Verlauf das gesamte Niedersächsische Becken durch Hebung zum sog. Niedersächsischen Tektogen wurde. Der gesamte bisherige Beckeninhalt wurde dann vor ca. 66 Millionen Jahren um mehrere Kilometer vertikal herausgepresst und im Süden auf die Rheinische Masse gehoben. Die ehemals hoch liegende Rheinische Masse sank ein und wurde zum Münsterländer Kreidebecken.

Den Grenzbereich zwischen den genannten Großschollen, die "Kollisionszone", markiert den Teutoburger Wald.

Deformationen an Fossilien, Harnische, Klüfte und Lagerungsverhältnisse (Auf- und Überschiebungen, Überkippungen) beweisen die gewaltigen Bewegungen entlang dieser sog. Osning-Überschiebung.

 

Video zur Entstehung des Teutoburger Waldes
(nach KAPLAN 2007):
1) Ablagerungen am Ende des Turons (vor ca. 94 Millionen Jahren)
2) Bewegungen zwischen der Rheinischen Masse (im Südwesten) und dem Niedersächsischem Tektogen (im Nordosten)
3) Absenkung der Rheinischen Masse und Überschiebung des Niedersächsischen Tektogens
4) Ende der gebirgsbildenden Prozesse am Ende der Kreidezeit (vor ca. 66 Millionen Jahre)
5) morphologische Modellierung der Landschaft im Tertiär und Pleistozän (vor ca. 300.000 Jahren)

[Achtung: Bitte obiges Bild anklicken - das Video öffnet sich auf einer neuen Seite und wird langsam abgespielt!]

 

Am sog. "Felsen Horeb" (52°10'2,40'' N / 8°02'38,44'' O) in unmittelbarer Nähe der Vereinigung vom Sunderbach und Kolbach (nordnordwestlich der ehem. Jugendherberge "Offenes Holz" in Bad Iburg) befindet sich ein kleiner Unterkreide-Aufschluss, in dem die tektonischen Kräfte durch deutliche Harnischflächen sichtbar sind:

   
Fundsituation der Harnischflächen   Verwitterter Spiegelharnisch   Detailaufnahme Spiegelharnisch

Eine in unmittelbarer Nähe befindliche Hinweistafel erläutert "Einblicke in die Erdgeschichte. Zwischen Felsen Horeb und Dörenberg".
Bei einer Wanderung über den Kammweg des Urberges lassen sich Handstücke von Harnischflächen auf Sandstein finden - daher bitte den Aufschluss am "Felsen Horeb" unberührt lassen!


Historische Erdbeben im Teutoburger Wald / Osnabrücker Bergland:

Vor 14.000 Jahren:

Vor 14.000 Jahren ereignete sich nach neuesten Studien der Freien Universität Amsterdam entlang der Peelrand-Störung, die bei Heinsberg (Nordrhein-Westfalen) beginnt und mehr als 50 Kilometer an Roermund und Eindhoven (Niederlande) vorbeiläuft, ein schweres Erdbeben zwischen Magnitude 6,5 und 7,1. Dieses Beben war auch in unserer Region mit einer Intensität von ca. 5,3 zu spüren.

ab 1612:
SPRINGHORN, Rainer: Historische Erdbeben seit dem Jahre 1612 am Teutoburger Wald [pdf, 2,15 MB]

1612:
Erdbeben im Raum Bielefeld (Herbst 1612 / Stärke 4,6) [pdf, 2,64 MB]
Erdbeben in Bielefeld 1612 (Stärke 4,6 ) [pdf, 5,58 MB]
Addendum zu "Erdbeben in Bielefeld 1612" [pdf, 128 kb]
Das Erdbeben vom 3. Oktober 1612 wurde u.a. in Lemgo, Herford, Bielefeld und Osnabrück gespürt - ein weiteres Erdbeben ereignete sich im November 1612 in Bielefeld.

Stich von Gerhard Altzenbach

Am 9. November 1612 erschütterte ein Erdbeben Bielefeld - ein Stich, veröffentlicht
Ende 1612 in einem Flugblatt von dem Kölner Verleger Gerhard Altzenbach, zeigt die Schäden:
panisch fliehende Menschen, herabfallendes Geschirr, herabstürzende Schornsteine, ein-
stürzende Mauern und Mauerabsenkungen sowie Risse im Franziskanerkloster "St. Jodokus"
(welches sich aber tatsächlich innerhalb der Bielefelder Stadtmauern befand).
Der Osnabrücker Bürger Rudolphum Bellinckhusium schrieb in seinem 1613 erschienenen Werk
"Eine Beschreibung fast aller Erdbidemen, welche sich vom Anfange der Welt biß auff das Jahr
1613" zu diesem Erdbeben:
"Das Thurm und Heuser bewogn davon /
Die Glockn gegebn selbst Gethon.
Dardurch Maurn / Dächer / und Schornstein /
zergrauset / gerissn / gefallen sein."

Der Stich befindet sich im Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,11 / Graphische Sammlung, Nr. 142.

1640:
In der "Chronica montis S. Gertrudis oder Denckwürdigkeiten des uralten adelichen Gotteshauses St. Gertrudenberg vor Osnabrück. Von dessen erster Stifftung an bis auff die jetzige Zeiten" vom Rechtsberater und Amtmann des Klosters Gertrudenberg, Joann Itel Sandhoff (Johannes Itelius Sandhoff; geb.: 23.09.1723 in Osnabrück, gest.: 23.04.1794 in Dinklage), aus dem Jahre 1755, neu herausgegeben 1939 von Hans-Herrmann Breuer unter dem Titel "Die Gertrudenberger Chronik", ist zu lesen:
"Den 27. Februarii [1640] wurde in hiesigen Gegenden an vielen Orthen zwischen 3 und 4 Uhr Morgens ein Erdbeben verspühret."
Andere Quellen datieren das Erdbeben auf den 20. März 1640.

1652:
Im Jahre 1652 erlebte Osnabrück ein Erdbeben am 20. Februar und am 15. September 1652 (um 14:00 Uhr).

1765:
In Bielefeld wird am 18. Februar 1765 um 8:00 Uhr ein merklicher Erdstoss verspürt.

1767:
Ebenfalls sollen am 18./19. Januar 1767 (Epizentrum bei Detmold, gegen halb 10:00 Uhr) ein Erdbeben in hieisger Gegend verspürt worden sein.

1770:
Erdbeben bei Alfhausen (03.09.1770 / Stärke 5,1) [pdf, 1,67 MB] - deutlich spürbar in den Gemeinden Alfhausen, Bramsche, Gehrde, Merzen, Neuenkirchen und Bramsche.

1878:
Am 26. August 1878 verspürten die Bewohner Osnabrücks ein Erdbeben - dieses Erdbeben von 1878 ("Erdbeben von Tollhausen" (Stadt Elsdorf, Rhein-Erft-Kreis), gegen 9:00 Uhr morgens) soll sich mit zwei Erdstößen bemerkbar gemacht haben und durch "deutlich wahrnehmbare Wellenbewegungen in vielen Häusern Gegenstände von der Stelle (...)" gerückt haben (Osnabrücker Tageblatt, 16.03.1951).
In Bad Rothenfelde soll sich das Wasser der Kolkquelle vorübergehend milchweiß gefärbt haben.

Auch weitere (entfernte) Erdbeben waren im südlichen Osnabrücker Bergland zu spüren (in zeitlicher Reihenfolge):
18. Februar 1756: das "Erdbeben von Düren" um 8 Uhr früh mit einer Magnitude von 6,4 - das Erdbeben hatte eine Dauer von einer Minute,
29. Juli 1846: ein Erdbeben um 21:24 Uhr ein Kilometer westlich von St. Goar mit einer Magnitude von 5,5,
14. März 1951: ein Erdbeben um 9:47 Uhr bei Euskirchen mit einer Magnitude von 5,2,
13. April 1992: ein Erdbeben um 3:20 Uhr nahe Roermond (Niederlande) mit einer Magnitude von 5,9.

Weitere Hinweise auf starke hiesige Erdbeben konnte ich (bislang) nicht finden.

Erdbeben, insbesondere ab einer Magnitude von 1,0 im Teutoburger Wald / Osnabrücker Bergland seit 1981:

Datum: Uhrzeit
(Ortszeit):
Epizentrum: Tiefe: Stärke (Richterskala): Ursache:
13.07.1981 10:12 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 4,1 Bergbau induziert
16.05.1991 04:06 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 4,2 Bergbau induziert
03.08.1995 19:47 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 3,3 Bergbau induziert
09.11.1996 18:44 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,0 Bergbau induziert
12.11.1996 17:03 Bersenbrück k.A. 2,3 Bergbau induziert
20.03.1997 20:54 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,3 Bergbau induziert
08.11.1997 21:05 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,8 Bergbau induziert
06.01.1998 20:33 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,4 Bergbau induziert
16.01.1998 04:00 Bersenbrück k.A. 2,0 Bergbau induziert
22.01.1998 14:45 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,3 Bergbau induziert
26.07.1999 04:00 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,3 Bergbau induziert
26.12.1999 17:24 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,4 Bergbau induziert
05.01.2000 10:25 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,4 Bergbau induziert
29.12.2001 21:44 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,8 Bergbau induziert
06.01.2003 22:49 Hörstel bei Ibbenbüren 1,2 km 4,2 lokales Erdbeben
21.10.2004 01:13 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,0 Bergbau induziert
16.02.2005 08:23 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,5 Bergbau induziert
07.01.2006 01:38 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,2 Bergbau induziert
03.06.2006 23:40 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,1 Bergbau induziert
17.10.2006 02:06 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,0 Bergbau induziert
03.03.2007 04:05 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,0 Bergbau induziert
20.03.2007 20:54 nordwestlich von Ibbenbüren < 1 km 3,6 Bergbau induziert
17.04.2007 08:28 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,6 Bergbau induziert
13.12.2007 02:04 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,2 Bergbau induziert
18.12.2007 06:26 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,3 Bergbau induziert
21.12.2007 07:52 Tecklenburg / Ibbenbüren k.A. 2,3 Bergbau induziert
15.01.2008 00:30 Ibbenbüren < 1 km 2,6 Bergbau induziert
18.07.2008 20:12 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 3,2 Bergbau induziert
19.06.2010 20:18 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,0 Bergbau induziert
16.01.2013 23:25 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,1 Bergbau induziert
02.03.2013 08:04 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,1 Bergbau induziert
07.03.2013 14:40 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,2 Bergbau induziert
11.03.2013 18:20 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,1 Bergbau induziert
18.03.2013 06:18 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,0 Bergbau induziert
22.03.2013 17:18 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 2,3 Bergbau induziert
18.01.2015 17:33 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 1,7 Bergbau induziert
18.02.2015 22:20 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 1,5 Bergbau induziert
27.02.2015 17:05 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 1,2 Bergbau induziert
11.03.2015 23:10 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 1,6 Bergbau induziert
16.03.2015 10:38 Tecklenburg / Ibbenbüren < 1 km 1,3 Bergbau induziert
24.06.2016

02:35

Ibbenbüren 2,0 km

1,7

Bergbau induziert
23.10.2016

10:35

Ibbenbüren 1,5 km

1,9

Bergbau induziert
21.11.2016

17:16

Ibbenbüren 1,3 km

1,2

Bergbau induziert
03.05.2017

12:37

Mettingen < 1 km

2,1

Bergbau induziert
02.03.2018

23:35

Mettingen 0,8 km 1,2 Bergbau induziert
03.03.2018

17:30

Mettingen 1,1 km 1,2 Bergbau induziert
13.03.2018

21:36

Mettingen 0,6 km 1,3 Bergbau induziert
21.03.2018

06:28

Mettingen 1,1 km 1,2 Bergbau induziert
08.06.2018 17:35 Ibbenbüren 1,4 km 1,2 Bergbau induziert
28.06.2018 02:47 Ibbenbüren 1,3 km 1,3 Bergbau induziert
10.08.2018

08:47

Ibbenbüren 1,4 km

1,9

Bergbau induziert
14.05.2019

21:33

Bad Essen 10 km

1,7

lokales Erdbeben

08.07.2020

06:27

Mettingen

1,0 km

1,3

Bergbau induziert

18.07.2020

11:54

Mettingen

1,0 km

1,1

Bergbau induziert

27.07.2020

02:59

Mettingen

1,0 km

1,6

Bergbau induziert

12.09.2020

23:43

Mettingen

1,0 km

2,0

Bergbau induziert

15.11.2020

20:42

Ibbenbüren 1,0 km

1,8

Bergbau induziert

23.11.2020

18:56

Ibbenbüren / Mettingen 2,0 km

2,0

Bergbau induziert

27.11.2020

3:09

Mettingen

1,0 km

1,7

Bergbau induziert

13.12.2020

17:40

Mettingen

1,0 km

2,1

Bergbau induziert

30.01.2021

20:06

Mettingen

1,0 km

2,1

Bergbau induziert

16.02.2021

10:39

Mettingen

0,4 km

1,4

Bergbau induziert

23.02.2021

19:45

Mettingen

0,7 km

1,3

Bergbau induziert

24.02.2021

07:54

Mettingen

1,0 km

1,6

Bergbau induziert

19.04.2021

20:11

Mettingen

1,0 km

1,2

tektonisch

23.10.2021

22:26

Mettingen

0,5 km

1,0

Bergbau induziert

30.10.2021

21:06

Ibbenbüren

0,5 km

0,9

Bergbau induziert

31.12.2021

22:49

Ibbenbüren

1,1 km

1,5

Bergbau induziert

03.02.2022

14:43

Ibbenbüren

0,4 km

1,2

Bergbau induziert

24.02.2022

05:39

Mettingen

0,6 km

1,4

Bergbau induziert

16.06.2022

03:30

Mettingen

0,3 km

1,0

Bergbau induziert

03.09.2022

02:47

Mettingen

0,2 km

1,0

Bergbau induziert

04.09.2022

21:13

Mettingen

0,3 km

1,2

Bergbau induziert

k.A. = keine Angabe
Alle Angaben ohne Gewähr!

Die "Osning-Störung" wurde durch die Vergletscherung im Pleistozän reaktiviert; historische und instrumentelle Erdbeben belegen andauernde Aktivitäten.
Weiterhin besteht eine Erdbebenaktivität im Zusammenhang mit der früheren Bergbautätigkeit im Bergbaugebiet Ibbenbüren sowie - seit 2019 - durch den kontrollierten Anstieg des Grundwassers.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert seit dem 1. Oktober 2021 bis voraussichtlich zum 30. September 2024 das Projekt "Erforschung der neotektonischen Entwicklung des Osning-Lineaments am Teutoburger Wald" im Forschungsschwerpunkt "Geogefahren zum Erdbebenpotential durch Reaktivierung von oberflächennahen Verwerfungen im Zusammenhang mit Neotektonik und Spannungsänderungen im Untergrund durch Abschmelzen ehemaliger Gletscher" des Leibniz-Institutes für Angewandte Geophysik (LIAG); die Projektleitung obliegt der Geowissenschaftlerin Dr. Sonja Wadas.
Weitere Einzelheiten zum Projekt finden Sie auf der Projektseite des Projektes.

Weiterführende Literatur:

DROZDZEWSKI, Günter & DÖLLING, Manfred: Elemente der Osning-Störungszone (NW-Deutschland). Leitstrukturen einer Blattverschiebungszone. In: Geologischer Dienst NRW: scriptum online 7, Krefeld 2018. [pfd, 2,3 MB]

KOCKEL, Franz & BALDSCHUHN, Reinhard: Osning-Tektonik - einst und jetzt. In: Brandenburgische Geowiss. Beitr., Heft 9. Kleinmachnow 2002.

Weitere interessante externe Links:

Merkblatt Erdbeben (GFZ Potsdam) [pdf, 210 KB]

Online-Fragebogen zu Erdbeben:
- Geologischer Dienst Nordrhein-Westfalen

Europäische Makroseismische Skala 1998 (EMS-98)

... mehr zu Erdbeben (von Thomas Sävert)


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